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AutorenbildMaikes Privatbibliothek

Das Kind der Wellen

Aktualisiert: 4. Apr. 2023

von Rebecca Martin



Rezensionsexemplar



Klappentext


Ein altes Haus am Meer. Eine geheime Tochter. Eine Familie, in der nichts ist, wie es scheint.


Bei einem tragischen Unfall am Meer verschwand Lisas Tochter in den Fluten. Unfähig ihr altes Leben wieder aufzunehmen, kehrt sie an die Nordseeküste zurück. Im Ferienhaus der Familie ist noch alles so, wie sie es damals hinterließen. Mit der Hilfe von Schreiner Lars und seinem Sohn, dem Antarktisforscher Jonas, beginnt sie zu renovieren - und findet in einem alten Ofen die Notizen zu einem Märchen über eine Meerjungfrau. Der Verdacht, dass dieses auf realen Begebenheiten beruht, lässt die drei nicht los. Im alten Zeitungsarchiv lesen sie von einer jungen Frau, die 1920 ihr Kind am Strand verlor. War es ein Unfall oder Mord, wie die Leute damals behaupteten?



Verlorene Kinder


Es ist der absolute Albtraum eines jeden Menschen, wenn man ein Kind verliert. Schlimmer ist es nur, wenn man das Gefühl hat, daran Schuld zu tragen. Das ist es, was Lisa, ihrem Mann und den verbliebenen beiden Söhnen passiert ist. 'Ach hätte ich doch nur', denkt Lisa jeden Tag und dieser Gedanke quält sie bis ins unermessliche. Ein paar Sekunden nur und ihre süße kleine Millie wäre noch am Leben.

Während ihr Mann alles dafür tut, für die gemeinsamen Söhne da zu sein, bricht für Lisa die Welt zusammen. Sie schafft es nicht mehr, sich für irgendetwas oder irgendjemanden zu interessieren. Sie hat eigentlich nur noch einen Wunsch und der beinhaltet, dass sie an jenen Ort zurückkehrt, an dem ihr Leben sich für immer veränderte.


Angekommen auf der Nordseeinsel kommt es jedoch ganz anders als geplant. Die Menschen um Lisa herum tragen alle das Ihre dazu bei, der jungen Mutter wieder zurück ins Leben zu helfen und dann taucht dieses Rätsel um eine andere Mutter auf, welches mittlerweile 100 Jahre zurück liegt.


Rebecca Martin gelingt es, die unendliche Traurigkeit um ein verlorenes Kind sensibel zu zeichnen.



Ein Zeitsprung nach Mainz


Der zweite Erzählstrang des Buches, der eigentlich viel mehr Raum einnimmt als die Ereignisse um Lisa, spielt im Jahre 1919 in Mainz. Der erste Weltkrieg ist gerade vorüber, doch die Nachwehen sind noch immer deutlich zu spüren. Mainz wird von französischen Truppen besetzt und als sogenannter Brückenkopf bezeichnet. Hier lebt die 17-Jährige Viktoria, die von allen nur Vicky gerufen wird. Ihre Familie hat den Krieg erfreulich gut überstanden. Der Vater widmet sich seinen Handelsbeziehungen, man lebt gut. Vickys Familie ist stolz darauf, weltgewandt und offen zu sein. Die Mutter hat ein Faible für das Exotische, der Vater legt wert auf einen guten Umgang mit den Besatzern.


In dieser Zeit lernt Vicky den Franzosen Jamal kennen und lieben, dessen Mutter eine Marokkanerin ist. Die Beziehung der beiden wird so intensiv, dass Vicky schwanger wird. Wie wird die Familie wohl darauf reagieren?

Noch zwei weitere junge Mütter lernen wir kennen und jede verliert ihr Kind auf ganz unterschiedliche Art und Weise.



Eine höchst emotionale Reise


Manches Mal wollte ich gewissen Figuren am liebsten an die Gurgel gehen! So unglaublich wird miteinander umgegangen. Aus heutiger Sicht sind die Zustände der damaligen Zeit furchtbar und unmenschlich. Wie kann man nur das Glück so heftig von sich stoßen und einem Diktat der Zeit folgen, von dem man weiß, dass es allen Beteiligten nur Leid bescheren wird? Wie kann man derart herzlos sein und sich nur dafür interessieren, was andere von einem denken?


Und trotzdem ist alles erschreckend nachvollziehbar!


In Andeutungen erfahren wir auch mehr über die Entwicklungen, welche später zum zweiten Weltkrieg führen sollten.


Dieses Buch hat einfach alles. Tiefgang, Gesellschaftskritik, nachvollziehbare Handlungen und trotz allem Schmerz irgendwie doch ein gutes Ende - oder besser gesagt zwei. Der Tanz zwischen den Jahren 1919 und 2019 gelingt wunderbar.



Eckdaten


Seitenzahl: 449

Genre: Historischer Roman

Verlag: Diana

Bewertung: ★★★★★

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