von Emma Elsie
Rezensionsexemplar
Klappentext
Die Antwort auf all deine Fragen findest du im Meer.
Ausgerechnet die Orkney-Inseln! Mums neuer Job verschlägt Hanna unfreiwillig in die schottische Einöde. Doch was zunächst nach purer Langeweile klingt, stellt Hannas Leben plötzlich komplett auf den Kopf.
Sie trifft auf die geheimnisvolle Traigh, die im eisigen Meer schwimmt, bei Vollmond ums Feuer tanzt und an die alten Legenden der Insel glaubt.
Und dann ist da noch der schnuckelige Kumpel ihres Bruders, der Hannas Herz mächtig zum Klopfen bringt!
Endlich Anerkennung findend, stürzt Hanna sich in ein magisches Abenteuer voller Freundschaft und Liebe, bemerkt dabei aber nicht die Gefahr, die in den Tiefen der schottischen Gewässer auf sie lauert...
Ein Schlag ins Wasser
Was soll ich sagen? Das Cover ist gelungen, das Buch spielt in Schottland, der Klappentext klang interessant. Als die Mail des Selfpublisher Verbandes die Neuerscheinung ankündigte und um Rezensenten bat, war es also logisch, anzufragen. Ich hatte Vertrauen. Vertrauen darin, dass Selfpublisherverband bedeutet, dass jemand sein Buch gut gemacht hat. Ja. Nein. Leider. Hieran hat eindeutig weder Lektor noch Korrektor gearbeitet.
Ich fasse einmal für jene zusammen, die nicht alles detailliert lesen wollen: Die Beziehungen der Figuren passen nicht zueinander, ihr Alter entspricht nicht ihrem Benehmen, ihre Sprache entspricht nicht ihrem Alter, Rechtschreibung, Grammatik, Stil... kurz: Alles liegt im argen. Beginnen wir einmal von vorne. Das Buch wird aus zwei Perspektiven erzählt: Mutter Helena (Len) und Tochter Hanna (Han), wechseln sich ab. Wer hier schon durcheinander gerät, weil beide Namen mit H beginnen, der ist in bester Gesellschaft, denn auch der Autorin ist nicht immer klar, wer wer ist. Das wird in solchen Szenen deutlich: Mutter Helena ist Meeresbiologin und hat ein kleines versunkenes Boot entdeckt. Sie erzählt am Familientisch davon, doch keiner reagiert. Supernase Hanna schüttelt es beim Geruch des Weißweins, alle stochern im Shepherd-Pie herum, der eigentlich Shepherd's-Pie heißen müsste...
'Das kleine Boot?', hakte Helena nach. Hanna bemerkte, wie Mums Augen begeistert aufleuchtete. Solche Reaktionen zeigte sie nur, wenn es um ihre Arbeit ging, aber kaum zu Hause.
Rein technisch gesehen sollte hier nicht Helena nachhaken, sondern Hanna. Von der Beziehung her ist das allerdings nicht sinnvoll, da sich die Familie grundsätzlich nicht füreinander interessiert. Das wird in jedem Kapitel ermüdend oft erwähnt.
Und nein, bei aufleuchtete habe ich mich nicht vertippt. Das kommt noch oben drauf. Allein auf dieser Seite sind so viele grammatikalische und erzählerische Fehler, ich möchte das gar nicht durchanalysieren. Ich versuche einmal grob einen Überblick. Großvater lebt auf Orkney und von dort stammt auch die Mutter. Sie hat geheiratet, ist nach London gezogen und hat zwei Kinder bekommen. Hanna und Achiebald. Hanna ist fast 16, Archie etwas älter. Die Eltern haben sich getrennt und die Mutter nutzt diesen Umstand, um mit den Kindern zu ihrem neuesten Projekt auf Orkney umzuziehen. So weit, so logisch. Da hört es dann auch auf. Sie hat an einem kleinen versunkenen Boot zwei Dinge schweben sehen. Ein menschliches Skelett und ein Seehundfell, dass dort seit knapp 100 Jahren festhängt. Merkt ihr selber, oder? Durch die Trennung der Eltern haben die Kinder schnell gelernt Verantwortung zu übernehmen... die sieht ungefähr so aus: Archie knallt sich auf die Couch und zockt, Hanna liest und spielt Geige und beide freuen sich einen Ast, dass es eine Haushälterin gibt, die kocht und putzt. Untereinander nennen sich die Geschwister Plagegeister und wenn ein Plagegeist-Versprechen eingefordert wird, muss es gewährt werden. Äh, ja. Ein Schuss Realismus hätte hier gut getan.
So muss Hanna für ihren Bruder ein gutes Wort bei der Inselschönheit einlegen, mit der sie es sich schon am ersten Tag verscherzt hat. Sie mag sie nicht, bezeichnet sie in ihrem Kopf als Püppchen, Queen of Orkney, Lady Lockenlicht oder unsympathische Nervkuh, weiß aber gleichzeitig, dass sie ohne Rosie wohl keine Freunde finden wird, fasst den Plan sie vollzuschleimen, kapiert nichts, glaubt am Ende, sie sei ihre Freundin und fällt tatsächlich aus allen Wolken als sich Rosie als genau das entpuppt, was sie die ganze Zeit von ihr gedacht hat. Derweil braucht Achie seine Schwester gar nicht für die Annäherung. Das besorgt bereits sein eigenes vorlautes Mundwerk für ihn.
Hanna ist derweil auch kein Kind von Traurigkeit. Sie ergeht sich in Betrachtungen aller verfügbaren Jungs, einschließlich ihres Bruders, kommt zu dem Schluss, dass alle verdammt attraktiv sind, hat Glück, dass einer davon auf Jungs steht und fragt sich dann, ob ihr angebeteter schon Sex mit der Queen of Orkney hatte. Auf so gut wie jeder Seite aus ihrer Perspektive liest man, dass sie rot wird oder irgendetwas peinlich findet. Inneres Geschimpfe an sich selbst inklusive. Mit Verlaub, als peinlich empfinde ich leider den Stil in dem das ganze verfasst ist. Die sogenannte Jugendsprache stammt aus Zeiten, die teilweise vor meiner eigenen Jugend anzusiedeln sind und das obwohl die Autorin nur ein Jahr jünger ist als ich. Ich lasse mal ein paar Beispiele da, die aus den Gedanken und Unterhaltungen der Jugendlichen stammen:
- die beiden Jünglinge brachen erneut in Lachen aus (What's next? Junker? Knabe?)
- Herausfordernd grinste Rosi die beiden Halbstarken an
- Der Hottie, dem sie den Tee drüber geleert hatte (Wer war hotter? Er oder der Tee?)
- Dass Dads neue Tuse nur eine Art Midlife-Crisis war
- weil sie ihn megascharf fand
- bei anderen hätte es sicher altbacken gewirkt - und sie ist garstig? (Über eine Lehrerin) - der ist echt ein alter Rüpel (Über einen Lehrer)
- du weißt schon, dass der alte Sinclair nicht mehr ganz sauber ist (Soll sich waschen) Und bevor mir hier einer damit kommt, die Geschichte könnte ja im vorigen Jahrhundert angesetzt sein... das Ganze spielt 2018. Dass ich da nach einer gewissen Zeit nur noch mit aufgeblasenen Backen saß, kann man sich bestimmt denken. Dass ich irgendwann den Bleistift und die Klebchen ausgepackt habe, ließ sich leider auch nicht vermeiden. Nehmen wir es mit Humor und feiern folgende, lustige Klopper für ihre Existenz: - Rosie hatte eine Aura, eine Ausstrahlung, die fast schon verlangte, dass man zu ihr gehören wollte.
- Na hör mal, man darf ja wohl noch fragen dürfen.
- Das Püppchen schenkte ihr einen kurzen, vielsagenden Blick und widmete sich dann einer Gruppe Mädels zu.
- und dachte an den Strandabschnitt von Draoidheachd und den Mythos, der sich um ihn ragte.
- 'Seltsam...', wunderte Archie Die Krone ist eigentlich nur noch die Beziehung der Figuren untereinander. Man nimmt den Protagonisten ihr Alter so gar nicht ab. Die Mutter benimmt sich wie ein Teenager, behandelt ihre Kinder wie Grundschüler, die Jugendlichen benehmen sich wie besagte Grundschüler und wollen nicht mehr wie Babys behandelt werden.
'Jetzt stell dich doch nicht so an', herrschte ihre Mutter, und Hanna zog erschrocken ihre Hand weg. 'Wie alt bist du?' Mum hatte ja recht. Sie wusste auch nicht, was da eben in sie gefahren war. (...) 'Mit fast sechzehn solltest du dich langsam nicht mehr so anstellen, die neuen Kids werden das ausnutzen...'
Wie eine kleine Prinzessin stand Rosi vor ihnen, die Schultern nach hinten gereckt, das Kinn erhoben und die Brust durchgestreckt, ohne jegliche Zurückhaltung oder kindlichen Scham.
Sehr schade war auch das wenig subtile in der Geschichte. Wenn der tote Seehund, dessen Fell nach all den Jahren eigentlich nicht mehr existieren sollte, dasselbe Muttermal hat, wie Helena, Hanna und Archie, dann überrascht einen das, was letztendlich daraus folgt gar nicht mehr. Wenn ich jedes Gefühl erklärt bekomme, ist das ermüdend. Wenn dazu noch grobe Fehler kommen, verliere ich endgültig die Freude.
Da mich der Ausgang der Geschichte dann doch noch interessiert hat, habe ich zumindest grob überflogen als ich aufgrund des Stils auf Seite 131 das Handtuch geworfen habe. Das Ende ergab für mich absolut keinen Sinn und gipfelte in einem Cliffhanger, der mich allerdings nicht zu reizen vermochte. Ich fand die Aussicht auf einen folgenden Band oder eine Reihe eher nicht so prickelnd.
Eckdaten
Seitenzahl: 349
Genre: Fantasy
Verlag: Selfpublishment
Bewertung: ★☆☆☆☆
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