von Cornelia Funke
Rezensionsexemplar
Band 4
kann Spoilerspuren zu den Bänden 1-3 enthalten
Das Lächeln, das Hideo Fuchs schenkte, war sehr rätselhaft. Es schien fast verschwörerisch - als teilten sie beide ein Geheimnis. "O ja. Nihons Füchse sind sehr mächtig", sagte er. "Wir verehren und fürchten sie, vor allem, wenn sie Rache für ein Unrecht nehmen, das man ihresgleichen angetan hat. Ich bin sicher, die Füchse Eurer Heimat verfügen ebenfalls über große Macht."
Klappentext
Nihon, die Inseln der Füchse: Das vierte Abenteuer hinter den Spiegeln führt Jacob und Fuchs in den fernen Osten. Jacob sucht gemeinsam mit Will nach einem Spiegel, von dem Sechzehn, das Mädchen aus Glas und Silber, erzählt hat. Der jüngere Bruder will Rache, der ältere Sicherheit für sich und Fuchs, denn der Handel, den Jacob einst mit Spieler geschlossen hat, ist noch nicht vergessen. Aber ein Toter hat andere Pläne, und der Spiegel, nach dem sie suchen, gebiert eine furchtbare Jägerin.
Vereint, um wieder getrennt zu werden
Das hier wird eine schwierige Rezension, denn in diesem Band geschieht so viel, was einen Ausblick auf einen fünften Band ermöglicht, dass ich vor Neugier und Mitteilungsdrang fast platze. Leider kann ich meine Gedanken dazu aber nicht komplett mit euch teilen, da das dieses Buch wirklich sehr spoilern würde. Allerdings habe ich weniger Scheu, nochmal ein paar Dinge aus den vorigen Bänden aufzugreifen:
Nachdem Will im letzten Band die dunkle Fee mit einer Erlelfwaffe tötete, ist nichts mehr wie zuvor. Alle Feen verschwanden mitsamt ihrer Magie. Erlelf Spieler, der im Hintergrund die Geschicke lenkt, hat hoch gepokert und gewonnen. Einer Rückkehr seiner Spezies in ihre alte Heimat steht nichts mehr im Wege. Denkt er. Doch ein Rest ihrer Magie hat auf wundersame Weise überlebt. Wird diese Magie reichen, um die Gefahr, die durch die Erlelfen droht aufzuhalten? Kann das überhaupt gut gehen, wenn der Beschützer dieser Magie ein Toter ist? 'Was tot ist, kann nicht sterben' - um hier einmal Game of Thrones zu zitieren... es könnte sich als nützlich erweisen. Wer weiß?
Doch zurück zum Anfang: Fuchs und Jacob konnten Will endlich einholen, der nach wie vor von Spiegelwesen Sechzehn und dem Goyl Nerron begleitet wird. In Nihon angekommen, sucht Jacob einen Dolmetscher aus, der sich im weiteren Verlauf der Geschichte als wahrer Freund und Held entpuppt. So unterschiedlich die Hoffnungen und Wünsche der Reiseteilnehmer auch sind, so führt ihr Weg sie doch ans selbe Ziel: Zu einem Erlelf, der bereit sein könnte, sich gegen Spieler zu wenden. Vielleicht auch noch zu einem zweiten oder dritten, denn Spieler ist auch unter seinesgleichen nicht gerade beliebt.
Fuchs und Jacob wollen ihr erstgeborenes Kind retten und wir erfahren erstmals, warum Spieler diesen Preis forderte. Gleichzeitig verstehe ich jedoch nicht, warum der Elf es überhaupt soweit hat kommen lassen. Er hatte zuvor genügend Möglichkeiten sein Ziel einfacher zu erreichen. Ich kann hier leider nicht weiter ins Detail gehen, aber wer dieses Buch gelesen hat, wird verstehen, was ich meine.
Die Konfrontation zwischen Jacob und seinem Vater, verlief im letzten Band ernüchternd. Es wird in diesem Buch zwar daran angeknüpft, aber nicht in dem Umfang, wie ich es mir erhofft hätte. Dafür tun sich neue Abgründe auf, die es in sich haben.
Was ich an diesen Büchern sehr schätze, ist, dass hier auf die Märchenwelten der verschiedenen Kulturkreise eingegangen wird. So erfahren wir in den ersten beiden Teilen etwas über unsere eigene Märchenwelt, Band 3 entführt uns zu Russlands Baba Yaga - einer mächtigen Hexe und in diesem Band geht es zu Japans Kitsune - die heiligen Füchse mit mehreren Schweifen.
Es zeichnet sich bereits ab, dass unsere Nächste Reise uns nach Amerika - oder Alberica wie es hinter den Spiegeln heißt, führen wird. Die Magie der Indianer wurde meines Wissens nach sogar in Band 3 schon angedeutet. Vielleicht bekommt hier Kokopelli einen Auftritt? Außerdem ist Will wieder einmal abhanden gekommen und könnte Rettung gebrauchen und auch seine Freundin Clara hat es auf der Suche nach ihm in die Märchenwelt verschlagen. O so viele lose Enden, die noch verknüpft werden müssen! Ich kann hier gar nicht alle aufzählen, denn das würde schon wieder viel zu viel verraten.
Ich mochte das Buch wirklich sehr, auch wenn ich an einigen Stellen etwas mehr hätte gebrauchen können. Momentan überwiegt einfach nur die Hoffnung, dass wir auf das nächste Buch nicht allzu lange warten müssen, denn von dem verspreche ich mir einiges.
Hier noch ein paar Sahnehäubchen
Ich mache mir ja manchmal einen Spaß daraus, herauszufinden, welche Bücher Autoren gelesen haben um daraus eine Inspiration zu schöpfen. Hier ein Zitat und dann meine Vermutung:
Orlando wechselte mit dem Kutscher ein paar lebhafte Sätze. Italisch. Parsisch, Varangisch, Mongol... mit Hideo unterhielt er sich fließend auf Nihon! Nein. All diese Sprachen konnten nicht in einen Kopf passen. Außer... "Orlando Tennant!", raunte Fuchs ihm zu, während der Kutscher ihnen die Taschen vom Dach zuwarf. "Ist der Ring an deinem kleinen Finger etwa ein Babelring?"
(Reckless - Auf silberner Fährte, Cornelia Funke, Dressler Verlag, Hardcoverausgabe 2020, Seite 328)
Ich denke, Cornelia Funke hat 'Per Anhalter durch die Galaxis' von Douglas Adams gelesen. Der wiederum dürfte seine Inspiration aus der Bibel gezogen haben. Aus der Sprachverwirrung des Turmbau zu Babel wird bei Douglas Adams der nützliche Babelfisch, den man sich ins Ohr setzt um alle Sprachen verstehen und sprechen zu können. Bei Funke finden wir nun einen Babelring! Zufall oder nicht? Was meint ihr? Ich persönlich mag solche lustigen kleinen Details.
Außerdem finden wir, wie in Band 3, wieder eine schöne Anspielung auf die Tintenwelt! Vielleicht erfahren wir ja im nächsten Buch, wie diese Magie in unsere Welt gelangte?
Eins der Bücher gehörte ganz sicher nicht auf ein offenes Regal, sondern in einen seiner gut verschlossenen Bücherschränke. Der Einband war mit Silber beschlagen, und sein Inhalt machte Sterbliche zu Zauberzungen, die gedruckte Worte zum Leben erwecken konnten.
(Reckless - Auf silberner Fährte, Cornelia Funke, Dressler Verlag, Hardcoverausgabe 2020, Seite 256)
Interessant finde ich hier auch, dass das nur bei Sterblichen möglich zu sein scheint. Feen und Elfen könnten das Buch somit nicht benutzen, was eigentlich ganz gut so ist... denn sie haben sowieso schon viel zu viel Macht, finde ich.
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