von Nadja Losbohm
Rezensionsexemplar
Klappentext
„Alles begann mit einem Blick auf eine Tapete…“
Im Reich Agrona herrscht ein frostiger Winter, der bereits etliche Todesopfer gefordert hat. Um seine Kinder, Prinzessin Laoghaire und Prinz Anrai, zu beschützen, untersagt Herzog Warner es ihnen, die sichere Burg, die ihr Zuhause ist, zu verlassen. Doch was tun vor Langeweile und Bewegungsdrang? Die ausgedehnten Flure und zahlreichen Räume der Burg bieten sich nahezu an, herumzutoben. Und somit taucht das Geschwisterpaar in ein Spiel ein, an dessen Ende mehr auf es wartet, als es für möglich gehalten hätte…
Ich wollte es mögen
Manchmal schaffe ich es nicht, ein schlankes Buch komplett zu lesen. The Butterfly Tales umfasst in der eBook Version nur 177 Seiten. Man sollte meinen, das sei eine Sache von 2-3 Tagen maximal. Mühsam habe ich mich über eine Woche lang bis Seite 80 vorgekämpft und dann aufgegeben.
Dieses Buch hatte weder Lektorat noch Korrektorat, was deutlich spürbar ist. Einige erzählerische Elemente reißen einen immer wieder aus der Geschichte raus. Sätze, die sich über drei bis fünf Zeilen erstreckten, waren sehr anstrengend zu lesen. Dazu gesellten sich meine Lieblingsfeinde: Logikfehler.
Zur Story selbst
Im Prinzip handelt es sich hierbei um eine Geschichte innerhalb einer Geschichte. Kann man machen, muss man aber nicht. In diesem Fall war die Ausführung eher unglücklich. Die Rahmenhandlung besteht aus zwei Jugendlichen von 14 und 16 Jahren, die in ihrer Burg einen geheimen Raum betreten. Dort finden sie eine bunt geschmückte Tapete vor, auf der sich wundersame Wesen tummeln.
Abwechselnd spinnt das Geschwisterpaar zum Zeitvertreib Geschichte Nummer 2. Erzählerisch ist das Ganze so aufgebaut, dass man in jene zweite Handlung problemlos eintauchen könnte. Wir finden hier keine störenden Erinnerungen daran, dass die beiden Jugendlichen die Handlung erfinden. Leider sind die Episoden so kurz gehalten, dass jedes Mal, wenn wir gerade in der zweiten Handlung angekommen sind eine Unterbrechung erfolgt.
Wir finden uns kurz darauf in der Rahmenstory wieder, in der wir irgendwelche inhaltsleeren Fülldialoge präsentiert bekommen, die einen darüber hinaus auch das Alter der Beiden vergessen lassen. Sie wirken allein durch die Dialoge wesentlich jünger als sie eigentlich sind. Ich hätte sie nur vom lesen auf 8 bis 10 Jahre geschätzt. Die Geschwister unterhalten sich kurz über das eben gehörte, wie zufrieden sie mit den Ideen sind und dann erhält der Leser die Information, wer jetzt weiter erzählt.
Ein angenehmer Lesefluss will sich so überhaupt nicht einstellen und man weiß schon nach kurzer Zeit nicht mehr, wofür die Rahmenhandlung überhaupt gut sein soll. Als Einführung war sie nett und auch als Ausleitung könnte sie einen Wert haben, aber innerhalb der Geschichte empfinde ich sie als störendes Beiwerk. Ich hätte den wechselnden Erzähler eher mittels Kapitelüberschrift angekündigt. Außerdem hätte man darauf achten können, dass die Geschwister einen unterschiedlichen Erzählstil pflegen. So wirkte es nicht, als würden zwei verschiedene Personen etwas gemeinsames dichten. In der eingebetteten Handlung treffen wir auf zwei Auftragsmörder, die in ihrem Wesen recht unterschiedlich sind. Der Eine ist dort irgendwie rein gerutscht und eigentlich ein guter Kerl, der andere scheint dafür geboren worden zu sein. Hässlich und ungeliebt, wie er sich selbst empfindet. Die Wahrheit sieht allerdings anders aus. So viel habe ich mitbekommen. Ihnen begegnet eines Nachts eine junge Frau, die sich auf der Flucht befindet. Dem menschlichen Schmetterling fehlt ein Flügel und Blake (der hässliche) hat nichts anderes im Sinn als die Symmetrie wieder herstellen zu wollen, indem er ihr auch den anderen Flügel entfernt - das habe praktische Gründe, wird er später behaupten. Allerdings fragt man sich auch, was daran so praktisch sein soll. Beweglichkeit im Wald und unauffälligeres Aussehen? Kauf ich nicht ab. Sie konnte sich davor ihr ganzes Leben lang ohne Schwierigkeiten im Wald bewegen und auch das auffällige Äußere könnte man anders tarnen.
Die beiden Kopfgeldjäger wollen der entkräfteten Frau helfen. Dass das kaum zu ihrem Berufsbild passen will, lassen wir einmal außen vor. Man trifft zufällig auf die Königin und Mutter aller Schmetterlinge und schließt sich ihrem Tross an. Es geht um die Suche nach einem Schatz, der der Menschheit Heilung und Frieden bringen soll. Ganz sinnig ist das nicht, denn das Schmetterlingsvolk hat seine eigenen Probleme. Man fragt sich, warum man sich dort überhaupt für die Menschen interessiert, die ja nicht einmal von der Existenz der magischen Wesen wissen.
Zahlreiche Logikfehler
Dinge, die man wirklich hätte vermeiden können und müssen sind wie immer Logikfehler. Das ist mein absolutes KO Kriterium!
Wenn Blake Imogen fragt, wo sie die Waffe hat, von der sie gesprochen hat und sie ihm dann auch eine präsentieren kann (aus einem Stäbchen wird hier ein Schwert), dann sollte sie vorher bitteschön auch eine erwähnt haben! Wenn Imogen (ein magischer Schmetterlingsmensch) erzählt, dass nur magische Wesen einander Schaden zufügen können und Menschen ein solches Wesen maximal bewusstlos schlagen können... dann frage ich mich ernsthaft, wie es sein kann, dass Blake ihr einen Flügel abschneiden konnte. Hier hätte man doch mindestens eine Ausnahme von der Regel - nämlich Zustimmung durch das magische Wesen anfügen müssen. Imogen ist außerdem überzeugt davon, dass ihre Magie sich in ihren Flügeln befindet. Da sie nicht das erste Schmetterlingswesen der Welt ist, dass seine Flügel einbüßt, sollte man davon ausgehen, dass sie weiß, wovon sie spricht. Ein solches Wissen wird ja nicht grundlos vermittelt. Dennoch meint Blake, der bisher nicht einmal wusste, dass diese magischen Wesen existieren, dass er es besser weiß. Er redet ihr so lange gut zu, bis sie zaghaft zu glauben beginnt, dass es stimmen könnte. Zu mehr kommt es aber auf den ersten 80 Seiten nicht. So richtig glaubt sie es nämlich dann doch nicht.
Kurz darauf trifft man auf eine Gruppe anderer Schmetterlingswesen und da man nicht weiß, ob sie Freund oder Feind sind, wird direkt ein Kampf begonnen. Zuvor hatte Imogen noch lang und breit erklärt, dass man die verschiedenen Parteien sehr gut anhand ihrer Flügelfarben erkennen könne. Diese sind zunächst nicht so richtig sichtbar. Hier hätte man warten können. Spätestens zu Beginn des Kampfes wurden die Farben und Gesichter jedoch deutlich. Hier zu sagen, dass man abbrechen will, weil man jetzt weiß, dass man Freunde vor sich hat, wäre aus meiner Sicht ebenfalls noch möglich gewesen. Es wirkt als sei hier ein Spannungsmoment an den Haaren herbeigezogen worden.
Zuletzt möchte ich noch ein paar Sätze hier lassen, die den Lesefluss aufgrund ihrer Länge unterbrechen. Zu philosophischen Werken mag das passen, aber in einem Jugendbuch wirken solche Ungetüme einfach deplatziert.
Seine Tochter Prinzessin Laoghaire und sein Sohn und Erbe Prinz Anrai waren ihm und seiner Frau Herzogin Ailís das Liebste und Teuerste, das sie besaßen, und sie zu verlieren, so wie viele Eltern ihre Kinder verloren hatten in den vergangenen Tagen, wäre für sie das Tragischste gewesen, was sie sich vorstellen konnten, und würde dem Untergang ihres Hauses gleichen.
„Hm“, machte Arren und zupfte an seinem Bart, der lang genug war, dass er ihn hatte flechten können und der ein passendes Gegenstück zu seinem Haupthaar bildete, das ebenfalls dunkelblond war und an den Seiten zwei geflochtene Stränge hatte, die eng an seinem Kopf lagen und im Nacken mit einem schwarzen Lederband zusammengebunden waren.
Im Gegensatz zu Arren, der zwar einen halben Kopf kleiner und etwas stämmiger, aber nichtsdestotrotz muskulös war, einen sanftmütigen Blick und ein einnehmendes Lausbuben-Lächeln hatte, war Blake groß gewachsen wie eine Bohnenstange, hatte muskulöse lange Arme, scharf geschnittene Gesichtszüge, dunkle halblange Haare, einen dunklen Vollbart, der hier und da von Grau durchzogen war, und eine viel zu große schmale Nase.
Als hätten emsige Hände die grüne Waldkulisse gegen eine felsige ausgetauscht wie auf der Bühne in dem Theaterhaus, in dem er vor ein paar Jahren einen ehebrecherischen Mann zur Strecke gebracht hatte, der mit blutigem Schaum vor dem Mund in den Armen seiner Geliebten elendig krepiert war. Doch wo Blake sich jetzt befand, waren weder die Berge noch die Täler und erst recht nicht die brennende Sonne aus Pergament und Holz zusammengezimmert, auch wenn sich das Rauschen des Wassers des Flusses, der sich zwischen den Felsen entlang schlängelte, so verführerisch anhörte wie der Applaus, der im richtigen Moment aufgebrandet war und den Akteuren auf der Bühne gegolten hatte und nicht dem sterbenden Hornochsen in einer der Logen für die besser betuchten Bürger der Stadt.
Diese zwei Monstersätze direkt hintereinander haben mich endgültig aus der Geschichte geschmissen. Das Tragische hieran ist, dass Nadja Losbohm zwischenzeitlich immer wieder beweist, dass sie auch kurze Sätze formulieren kann. Damit meine ich tatsächlich nicht die zahllosen Sätze, die sich über drei Zeilen erstrecken.
Eckdaten
Seitenzahl: 177
Genre: Fantasy
Verlag: Selfpublishment
Bewertung: ★☆☆☆☆
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