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Das magische Backbuch

von Tini Wider



Cover: Pia Auteried

Lektorat: Maike Mergler Korrektorat: Claudia Fluor

Buchsatz: Evelyn Zimmermann Rezepte: Gisela Brückmann


Klappentext


Viviennes Bäckerei Sugar Plum Fairy steht kurz vor dem Ruin. Unerwartet fällt ihr ein Backbuch mit seltsam klingenden Rezepten in die Hände. Zufall oder Schicksal? Die angeführten Nebenwirkungen ignoriert sie - zu groß ist die Versuchung, ihren kleinen Laden endlich zum Erfolg zu führen.

Doch was passiert, als sie dem gutaussehenden, aber schüchternen Samuel ein Don Juan-Punschkrapferl verabreicht? Wird Vivienne trotz des Schlamassels, den sie anrichtet, ihre große Liebe finden?







Kommunikation, Markenzeichen und Outtakes


Bevor ich etwas mehr zum Inhalt des Buches erzähle, möchte ich euch auf eine sehr spannende Reise durch die Lektoratswelt mitnehmen. Rund um dieses Buch ist so viel passiert, dass ich darüber fast einen eigenen Roman verfassen könnte.


Es begann direkt schon mit dem Titel, der auf Socialmedia bereits großen Anklang fand, noch bevor das Buch im Lektorat landete. Während sich alle Welt über die Ankündigung freute, war ich etwas weniger euphorisch. Als großer Fan der Glücksbäckerei war mir nämlich bekannt, dass der Titel dem ersten Band dieser Reihe sehr ähnlich war. Dieser trägt den Untertitel: Das magische Rezeptbuch. Man hat also im Hinterkopf, dass ein großer Verlag eine gute Werbeabteilung hat, die eine schöne Reihe bekannt gemacht hat und dass man es dort vielleicht nicht so toll finden könnte, wenn diese Investition ein anderes Buch mitzieht.

Daher waren Tini Wider und ich uns einig, dass ich den Fischer Verlag höflich fragen sollte, ob das magische Backbuch so heißen darf, oder ob man über einen anderen Titel nachdenken muss. Die Kommunikation war sehr freundlich. Man freute sich über die Nachricht und gab grünes Licht, da man dank eines kurzen Abrisses über Tinis Buch zu der Einschätzung gelangen konnte, dass die Geschichten unterschiedliche Zielgruppen ansprechen und daher am Markt nicht konkurrieren würden. Allerdings behielt man sich vor, den Titel eventuell auch selbst im Rahmen der Reihe zu verwenden, sollte man beispielsweise Merchandise zur geplanten Verfilmung anbieten wollen.

Als Selfpublisher kann einem das nur recht sein. Viel besser war allerdings die Bitte um Zusendung eines Exemplars von Tini Widers Buch! Natürlich wird man sich bei Fischer den Inhalt anschauen wollen, um zu prüfen, ob es wirklich nicht zu ähnlich ist (ich garantiere allerdings, dass das nicht der Fall ist, schließlich kenne ich beides). Also lehnen wir uns entspannt zurück und träumen ein wenig davon, welche positiven Nebeneffekte es haben könnte, als Selfpublisher sein Buch an einen Verlag geschickt zu haben, der selbiges angefragt hat. Ich persönlich habe mich jedenfalls sehr für Tini gefreut, dass das Ganze so perfekt gelaufen ist.


Da ich Tini Wider bereits seit ihren Anfängen kenne, die ich noch als Blogger und Testleser begleiten durfte, weiß ich um die kleinen feinen Markenzeichen, die sie immer wieder gerne in ihre Geschichten einbaut. Wer ihre Bücher liest, bekommt einen schönen Einblick in die Vorlieben der Autorin. Ihre Protagonisten sind ganz normale Menschen, die wie jeder andere auch, ihre Leidenschaften haben. So tauchen gerne Anspielungen auf bekannte Literatur und Meilensteine der Filmgeschichte auf. Wir hatten bereits Harry Potter, Zurück in die Zukunft und natürlich Romeo und Julia. Als letzteres auch in diesem Buch auftauchen sollte, wurde es spannend... Ich hatte das Gefühl intervenieren zu müssen, da in Tinis letzter Veröffentlichung bereits sehr viel Shakespeare zitiert worden war. Verständlich! Ich mag ihn auch sehr! Aber dasselbe Zitat im darauf folgenden Buch nochmal verwenden? Sollte man? Die folgende Kommunikation zu diesem Thema war wirklich lustig! Ich gebe sie einmal grob aus dem Gedächtnis wieder: Ich: Tini? Gleiches Zitat wie im letzten Buch? Ist das nicht was drüber? Magst du nicht was anderes nehmen? Sie: Nö! Ich will Shakespeare als Markenzeichen. Ich liebe den so, der soll überall drin stecken! Ich: Ähm, man könnte den Lesern auch mal andere Klassiker präsentieren? Nur so aus Spaß, für die Bildung? Du sagtest doch der Charakter Samuel Schwarzinger heißt so wegen dem Mann, den Jane Austen fast geheiratet hätte? Ich finde ja ein Zitat aus Stolz und Vorurteil täte der Stelle gut... Sie: Ohhh, du hast Recht! Es muss eins aus Stolz und Vorurteil sein! Geht ja gar nicht anders!


Ich liebe solche Details und ich liebe auch die Gefühle, die in solchen Gesprächen mitschwingen. Es gibt Dinge, die sind dem Autor von Herzen wichtig und mit denen daher entsprechend umgegangen werden muss.


Ein besonders emotionales Thema ist gerne auch der Einstieg in eine Geschichte. In diesem Fall war Tini die Atmosphäre des Anfangs sehr wichtig, andererseits wusste sie, dass die Sache noch nicht ganz rund war. Grund dafür waren Dopplungen in der Stimmung, die eigentlich nur ein wenig reduziert werden mussten. Nur wie kommt man zu dem Ergebnis, was man sich und dem Leser wünscht, wenn man selbst so tief drin ist und den Anfang eigentlich auch sehr liebt?

Da helfe ich natürlich gerne beim formulieren. Wichtig ist dabei, die Essenz des Gesagten zu erhalten und nicht zu stark von den Worten des Autors abzuweichen. Eigentlich hatte ich nach meinem Vorschlag mit mehreren Korrekturschleifen gerechnet, bevor die Endfassung stehen würde, da ich merkte, dass Tini die Veränderung schwer fiel. Wir sprachen darüber vorläufig nicht mehr und eines Tages wurde ich einfach damit überrascht, dass sie den Anfang ihrer Geschichte auf Socialmedia postete und ich meine Worte erkannte. Mit manchen Dingen muss man sich vielleicht auch erst einmal anfreunden und sich Zeit geben. Ich zeige euch hier gern einmal die Rohfassung und das, was es zuletzt wurde: Berlin lag in ungewohnter, ja man könnte sogar sagen unbeweglicher Stille da. Es wirkte, als hielte die sonst so pulsierende und quirlige Stadt den Atem an. Eine Magie der Lautlosigkeit und des Schweigens beherrschte die menschenleeren Straßen an diesem, zugegeben, äußerst frühen Morgen. Wie von selbst lösten sich die Dunstschwaden über dem Fluss auf und die ersten Sonnenstrahlen tanzten glitzernd zart und sachte auf der Wasseroberfläche.

Dann, mit einem Mal, durchbrach eine einzelne Radfahrerin die zauberhaft unwirkliche Stimmung. Kraftvoll trat sie in die Pedale und ließ sich nicht von den braunen Locken, die wild flatternd ihr perfekt ovales Gesicht umspielten, ablenken. Ihr rasantes Tempo stand in krassem Gegensatz zu der idyllischen Umgebung. Ihre Miene wirkte überaus ernst und immer wieder formten ihre Lippen unhörbare Worte. Die junge Frau schenkte dem spätsommerlich blühenden Park, den sie passierte nicht die geringste Beachtung. Stur trat sie kräftig in die Pedale. Mit großem Schwung bog sie um die nächste Ecke, ohne ihre halsbrecherische Geschwindigkeit zu drosseln.


Die Endfassung sah dann so aus:


Ungewohnt still lag Berlin an diesem frühen Morgen da. Man hätte meinen können, die sonst so pulsierende und quirlige Stadt, hielte den Atem an. Zu dieser Stunde begannen sich gerade die zarten Dunstschwaden über dem Fluss aufzulösen und die ersten Sonnenstrahlen tanzten glitzernd auf der Wasseroberfläche. Dieses Idyll durchbrach mit einem Mal eine einzelne Radfahrerin. Energisch trat sie in die Pedale und störte sich nicht daran, dass ihr die braunen Locken immer wieder wild flatternd ins Gesicht schlugen. Dieser Umstand mutete überaus seltsam an, weil die Umgebung so ruhig um sie verharrte. Ihre Miene wirkte überaus ernst und unaufhörlich formten ihre Lippen lautlose Worte. Die junge Frau schenkte dem spätsommerlich blühenden Park, den sie passierte, nicht die geringste Beachtung. Mit großem Schwung bog sie um die nächste Ecke, ohne ihre halsbrecherische Geschwindigkeit zu drosseln.


Wo der eine sich fragt, wo hier überhaupt der Unterschied ist, merkt der andere vielleicht den veränderten Lesefluss. Beides ist absolut so gewollt. Während Autor und Lektor den Eingriff vielleicht als stark empfinden, soll er vom Leser kaum wahrgenommen werden, denn ein zu starker Bruch in den Formulierungen würde bedeuten, dass jeder erkennen kann, wer welche Passage geformt hat. Manchmal reichen kleinere Umformulierungen, während man an anderen Stellen ganze Absätze aus dem Rohtext streicht, um der Handlung nach vorne zu helfen. Ich glaube im Verlauf der Überarbeitung fielen so zwei oder drei Anrufe von Viviennes Oma ersatzlos raus, weil sie nach dem immer gleichen Schema abliefen und den Fluss der Geschichte eher bremsten. Da war Tini absolut entspannt und stellte die Frage sogar selbst in den Raum.

Dafür wurde an anderen Stellen ergänzt, debattiert und viel gelacht. Ein Lektorat ist schließlich keine bierernste Angelegenheit. Mir ist in der Kommunikation mit dem Autor wichtig, dass man Freude an seinem Tun hat und dabei hilft der Blick für schönes und eine ordentliche Portion Humor. Ich schreibe also nicht nur meine Kritik an den Rand, sondern notiere auch, wenn mich etwas berührt oder erheitert. Nebenher entstehen so viele kleine Unterhaltungen in den Randkommentaren. Auf einer Reise durch ein Buch kann man sich also auch richtig gut kennen lernen und das mag ich sehr an meinem Job.



Romantasy zum anbeißen


Tini Widers magisches Backbuch ist feel good Romantasy mit Backlustgarantie. Wie gut, dass uns am Ende 5 herrliche Rezepte erwarten, die genau dieses Verlangen stillen können. Leider haben wir keinen Zugriff auf die magischen Zutaten, aber was heißt leider? Vielleicht ist das wirklich besser so, denn was die Rezepte aus dem seltsamen Backbuch bewirken, ist nicht ohne und vor allem nicht frei von Nebenwirkungen...


Man könnte meinen, es sei gar nicht so verkehrt, wenn man in der Lage ist, Backwaren herzustellen, die süchtigmachend gut sind. Insbesondere dann, wenn der Laden gerade nicht so läuft, wie man sich das wünschen würde. Aber als Bäcker, der daran Schuld ist, fühlt es sich nicht so schön an, wenn das Ganze Ausmaße annimmt, die nicht mehr normal sind. Bei den ersten Gehversuchen glaubt Vivienne noch gar nicht an Magie. Sie ist dank ihrer abergläubischen Oma auch nicht wirklich offen für diesen faulen Zauber, der viel verspricht und doch nichts hält. Vivienne ist ein romantisch, verträumter Realist und glaubt eher an Zufälle als an Hokuspokus. Als sich diese Zufälle jedoch zu häufen beginnen, kann sie ihre Augen nicht länger vor der Wahrheit verschließen und muss Verantwortung für das übernehmen, was sie angerichtet hat. Alles was sie wollte war helfen! Wer hätte denn ahnen können, dass das so nach hinten los geht? Leute, die statt ihren inneren Frieden zu finden lethargisch werden... jemand, der nur etwas Mut gebraucht hätte wird plötzlich zum Draufgänger! Aus einem Rezept gegen Angst wird eine höchst ungesunde Abhängigkeit und die Schlange vor dem Laden wächst und wächst. Wie soll Vivi das nur jemals wieder in den Griff bekommen? Und als wäre das noch nicht genug, hat sie sich auch noch höchst unglücklich verliebt, während ihr Ex fröhlich zur Tür hereinspaziert und natürlich mal wieder alles besser weiß. Wann sie überhaupt noch zum schlafen kommt, ist mir ein Rätsel. Zuletzt bekommt unsere charmante Protagonistin mit dem Helfersyndrom dann endlich selbst die dringend benötigte Hilfe und die kommt in Gestalt eines Rätsels.

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